Wer sich über seine Geldanlage Gedanken macht, kommt um eine Produktart momentan kaum vorbei: ETF, kurz für Exchange Traded Funds, werden für ihre günstige Kostenstruktur bei guter Rendite gehypt. Mittlerweile ist dabei auch das Thema Nachhaltigkeit schwer im Kommen. Immerhin 150 ETF nennen sich grün, sozial oder nachhaltig. Aber was genau wird dabei versprochen? Was macht nachhaltige ETF aus? Das habe ich mir mal genauer angeschaut. Los geht’s!
ETF – So funktioniert`s
ETF, kurz für Exchange Traded Fund, sind börsengehandelte offene Investmentfonds. Sie bilden einen Index (weitestgehend) ab. Meist handelt es sich dabei um Aktienindizes, wie den DAX. Dies geschieht entweder durch den automatisierten Kauf der entsprechenden Aktien, aus denen sich der Index zusammen setzt, genannt physische Replikation. Oder durch eine Abbildung des Indexwerts, genannt synthetische Replikation. Während die physische Nachbildung noch gut verständlich ist, landet man bei synthetischen ETF schon etwas weiter in den Tiefen des Finanzmarktdschungels. Aber auch die physische Nachbildung ist nicht immer möglich. Manche Indizes wie der MSCI World beinhalten so viele Einzeltitel, dass ETF darauf oft nur einen Teil der Titel beinhalten. Es wird damit unterschieden zwischen einer Vollreplikation und einer Teilreplikation.
Geringe Kosten, wenig Arbeit
Der Vorteil: Dadurch dass lediglich ein Index abgebildet wird, muss ein ETF nicht aktiv gemanagt werden. Man spricht von einem passiven Management. Das lässt natürlich die Kosten sinken. ETF sind damit deutlich günstiger als aktiv gemanagte Investmentfonds. Und nachhaltige ETF?
Der Kostendruck geht zu Lasten der Nachhaltigkeit, denn gerade die sorgfältige Auswahl nachhaltiger Unternehmen im Rahmen eines aufwändigen Nachhaltigkeits-Screenings ist so günstig schwer möglich. Außerdem punkten viele nachhaltige aktive Fonds mit einem Nachhaltigkeitsbeirat, ein in der Regel externes Gremium aus Experten die das Fondmanagement beraten. Und das, genau, kostet natürlich auch Geld. Nachhaltige ETF haben damit auch keinen Nachhaltigkeitsbeirat.
Aktiv gemanagte Fonds nutzen außerdem ihren Einfluss auf die Unternehmen in die sie investiert sind. Sie sind meist im Dialog mit den Unternehmen und bringen sich ein, fordern ein nachhaltiges Wirtschaften, suchen gemeinsam nach Lösungen. Manche aktive Fonds steigen auch bewusst aus einem Investment aus, wenn ein Unternehmen den Nachhaltigkeitsanforderungen nicht nachkommt oder kein fruchtbarer Dialog zustande kommt. All das kostet einfach Zeit und Geld – was ein passives Management meist nur in geringem Ausmaß aufbringen kann.
Nachhaltige ETF: Was steckt drin?
Der Ansatz, den nachhaltige ETF meist wählen, ist ein Mix aus Ausschlusskriterien und Best-In-Class-Ansatz. Heißt: Erst fliegen alle Unternehmen raus, die den Ausschlusskriterien nicht stand halten. Das könnte zum Beispiel Menschenrechtsverletzung, Korruption, Investitionen in geächtete Waffen oder Atomenergie sein. Dann werden die verbleibenden Unternehmen nach einem ESG-Score sortiert. ESG ist kurz für Environmental, Social and Governance – zu deutsch: Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. Anschließend werden, je nach Strategie, die obersten 25%, 50% oder vielleicht auch die obersten 80% der Unternehmen mit ins Portfolio genommen. So werden zumindest die ganz schwarzen Schafe aussortiert.
Aber was bleibt drin? Am besten wirfst du einen Blick auf die Positionen eines ETF. Welche Unternehmen haben es am Ende in die Auswahl geschafft? Und wie rein ist deren Gewissen? Eine Hilfe bietet die Plattform Faire Fonds. Diese untersucht die Unternehmensbeteiligungen von Fonds und schaut, ob diese in Kontroversen verwickelt sind. Auch das Forum Nachhaltige Geldanlage bietet Fond-Profile an, um sich einen schnellen Überblick zu verschaffen.
Wer steckt dahinter?
Es lohnt sich auch genau hinzuschauen, wer der Emittent ist, also welche Firma den ETF herausgibt. Heißt: Wer am Ende damit Geld verdient. Und: Wer die ganzen Aktien hält und damit auch Macht über Unternehmen hat!
Einer der größten ETF-Emittenten ist iShares, eine Marke von BlackRock. BlackRock ist DER größte Vermögensverwalter der Welt und so gut wie überall investiert. Auch wenn der CEO Larry Fink Anfang 2020 in einem offenen Brief das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus rückt, kann man sich dennoch fragen: Möchte ich einem so riesigen Unternehmen noch mehr Macht geben? Vertraue ich, dass sie in meinem Interesse handeln?
Nachhaltige ETF genauer angeschaut: iShares MSCI World SRI
Im Juli 2020 hatte Finanztest das Thema nachhaltige Fonds genauer unter die Lupe genommen und deren Nachhaltigkeit und Performance geprüft. Dabei kamen die ETFs allgemein maximal mit einer mittelmäßigen Nachhaltigkeitsbewertung davon. Sie konnten aufgrund der bereits genannten Defizite wie mangelndem Beirat, mangelndes Engagement, wenig scharfe Kriterien etc. nicht mit den aktiv gemanagten Fonds mithalten. Wer dennoch gerne auf ETF setzen möchte, dem wird von Finanztest der iShares MSCI World SRI (IE00BYX2JD69) empfohlen. Schauen wir uns diesen doch mal näher an.
Zunächst ist der Herausgeber iShares, eine Firma von BlackRock, wie oben bereits erwähnt der größte Vermögensverwalter der Welt. Benchmark Index ist der MSCI WORLD SRI Select Reduced Fossil Fuel Index – der ETF ist bestrebt, die Performance dieses Index nachzubilden. Der MSCI WORLD SRI Select Reduced Fossil Fuel Index basiert auf dem MSCI World Index, wobei bestimmte Werte- und Klimawandel-bezogenen Ausschlusskriterien und ein Best-In-Class-Ansatz angewandt werden. Unter den 10 größten Positionen finden sich Unternehmen wie Microsoft, Tesla, Procter & Gamble, Walt Disney und PepsiCo.
Die Datenbank von Faire Fonds verrät mir mehr über die Beteiligungen in kontroverse Unternehmen. Insgesamt ist die Beteiligung in kontroverse Unternehmen knapp 11,5%. Investitionen in kontroverse Waffen und Korruption sind komplett ausgeschlossen, andere Themen wie Fossile Energie, Atomkraft, Umweltzerstörung, konventionelle Waffen und Verletzung der Arbeits- oder Menschenrechte hingegen, laut Finanztest zum Stand Juli 2020, nur teilweise ausgeschlossen. Faire Fonds schlüsselt es weiter auf: Beispielsweise wird PepsiCo als kritisch hinsichtlich Menschrechte, Umweltzerstörung und Klimawandel eingestuft. Procter & Gamble wird ebenfalls Vergehen gegen den Klimawandel und Umweltzerstörung vorgeworfen. So läppert es sich durch die Positionen, was am Ende die 11,5% ausmacht.
Deine Werte entscheiden
Ich finde dieses kleine Beispiel macht konkreter, wie der eigene Lifestyle und die Geldanlage zusammen passen können. Wer schon im Supermarkt und in der Drogerie einen großen Bogen um Procter & Gamble samt riesigem Markenportfolio macht (um nur einige zu nennen: Head & Shoulders, Pantene Pro-V, Always, Pampers, Gillete, Venus, Oral-B, Wick….) und aus Überzeugung nicht zur Pepsi greift, empfindet diesen ETF gegebenenfalls auch als unpassend.
Aber man könnte es natürlich auch andersherum sehen: Es wird in innovative Unternehme wie Tesla investiert und durch den Best-In-Class-Ansatz Druck ausgeübt, ESG-Kriterien ernster zu nehmen. Es kommt ganz auf dich und deine Werte an! Sie zeigen dir, was für dich passt und was du in dieser Welt fördern möchtest.
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In vergangenen Blogbeiträgen habe ich mich dem Thema Nachhaltige Geldanlage allgemein und Nachhaltige Banken gewidmet.
https://www.greenpeace.de/themen/umwelt-gesellschaft/wirtschaft/ueberall-ist-blackrock-drin