Es erschien mir so simpel: Beim Schreiben meines Artikels über meine CO2-Bilanz gewann ich den Eindruck, dass über den Abschluss eines Ökostromtarifs ganz einfach und schnell der eigene Fußabdruck erheblich grüner wird. Zwei Klicks und fertig. Naja, sagen wir, dass es teils stimmt. Eine grobe Vorstellung von der Funktionsweise der Ökostromtarife und den Besonderheiten in Deutschland mit dem EEG, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, hatte ich durchaus. Die ein oder andere Bildungslücke habe ich jedoch mit Erstaunen geschlossen. Meine neuen Erkenntnisse zur Wahl eines Ökostromtarifs will ich dir natürlich nicht vorenthalten. Los geht’s!
Das EEG – Ökostrom per Gesetz
Das Gute vorab: Erneuerbare Energien, also konkret Windkraft, Solarkraft, Wasserkraft, Erdwärme und Biomasse, haben laut Frauenhofer Institut im ersten Halbjahr 2020 ganze 55,8% des Gesamtstrommixes in Deutschland ausgemacht. Ein neuer Rekordwert!
Möglich ist das Ganze nicht, weil so viele Bundesbürger hochmotiviert einen Ökostromtarif gewählt haben, sondern aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Dieses trat erstmals im Jahr 2000 in Kraft mit dem Ziel, Strom aus regenerativen Quellen zu fördern. Damals war dieser noch komplett unrentabel und kaum etabliert. Mittlerweile hat sich das stark verändert, wie oben genannte Zahl zeigt.
Derzeit ist die neue EEG Novelle 2021 in Arbeit. Die letzte Novelle des EEG im Jahr 2017 beinhaltete folgende konkrete Zielvorgaben zum Ausbau der Erneuerbaren Energien:
- im Jahr 2025 sollen diese 40-45%,
- im Jahr 2035 ganze 55-60%
- und im Jahr 2025 mindestens 80% des Stroms ausmachen.
Ein zentrales Element des EEG ist die sogenannte EEG-Umlage. Diese finanziert den Ausbau der erneuerbaren Energien und ist durch alle Stromverbraucher*innen zu bezahlen. Sie schlägt sich als Teil des Strompreises nieder. Für 2020 liegt diese bei 6,756 ct/kWh. Somit fördert jede*r, ob gewollt oder nicht, Ökostrom.
So weit, so gut. Und was sind jetzt diese Ökostromtarife?
Der Unterschied zum Ökostromtarif
Ökostromtarife sind Stromtarife, die dir 100% Ökostrom garantieren. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Strom den du vebrauchst aus dem Windpark nebenan kommt. Generell ist im Stromnetz erstmal ein bunter Mix aus allem, da lässt sich überhaupt nicht differenzieren, wer den Strom erzeugt hat. Wie kann dir also dein Ökostromanbieter 100% Ökostrom garantieren?
Das funktioniert über Herkunftsnachweise, also ein Zertifikat über die Art der Herstellung. Herkunftsnachweise werden in dem Herkunftsnachweisregister geführt. Dieses gibt es seit Januar 2013. Seitdem müssen Energieversorger entsprechende Nachweise vorhalten und entwerten, wenn sie auf ihrer Stromrechnung angeben, dass dieser aus erneuerbaren Energien stammt.
Und hier fängt es an, etwas verzwackt zu werden.
Eine Anlage, welche bereits über das EEG gefördert wird, kann sich jedoch nicht ein zweites Mal durch den Verkauf von Herkunftsnachweisen vermarkten. Dann würde sie ja zweifach profitieren. Das regelt das Doppelvermarktungsverbot.
Stattdessen kaufen die Ökostromanbieter meist Zertifikate über Strom aus erneuerbaren Quellen aus den Nachbarländern, beispielsweise Wasserkraft aus Norwegen. Diese bekommt man sogar recht günstig weil sie nicht so stark nachgefragt sind, sodass Ökostromtarife nicht nennenswert teurer sein müssen als ein herkömmlicher Tarif.
Was bringt dann ein Ökostromtarif?
Auf jeden Fall wird mit der Wahl eines Ökostromtarifs ein politisches Statement gesetzt. Wem das nicht reicht, kann auch mit der For Future Bewegung zusammen auf die Straße gehen – diese fordern 100% Strom aus erneuerbaren Energien bis 2035 und Ausstieg aus der Kohle bis 2030.
Die Verbraucher machen klar, was sie wollen: eine Energiewende. Bei entsprechender Verbreitung der Ökostromtarife wird die Nachfrage nach den Zertifikaten erhöht, was diese verknappen und attraktiver machen könnte. Vielleicht führt es sogar dazu, dass in ganz Europa erneuerbare Energien mehr ausgebaut werden. Wer weiß.
Außerdem gibt es auch Anbieter, die es ernst meinen mit der Energiewende und mehr leisten als einfach nur 100% Öko über Herkunftsnachweise.
Worauf sollte ich achten?
Also gilt es, doch etwas genauer hinzuschauen, wenn der Wunsch besteht, erneuerbare Energien möglichst in Deutschland oder sogar in der Region zu fördern. Wer jetzt eher auf der Suche nach einem dunkelgrünen Anbieter ist, kann sich an zwei Siegeln orientieren: “ok Power” und “Grüner Strom“.
“Grüner Strom” bezeichnet sich selbst als das Ökostromlabel der Umweltverbände und wird unter anderem vom NABU und BUND beworben. Zum einen wird garantiert, dass der Strom tatsächlich zu 100% aus erneuerbaren Energien kommt, da er direkt bei einem solchen Erzeuger eingekauft wird. Zum anderen wird der Ausbau Erneuerbarer Energien verbindlich durch Investitionen gefördert, da im Strompreis ein fester Förderbeitrag enthalten ist.
“ok Power” zertifiziert dies ebenso, schaut sich aber noch andere Kriterien an. Zum Beispiel darf der Ökostromanbieter keine Beteiligungen an Atomkraftwerken, Braunkohlekraftwerken und neuen Steinkohlekraftwerken haben. Außerdem müssen die Vertragsbedingungen fair und transparent gestaltet sein.
Alternativ kann man sich seinen Stromanbieter auch so genauer anschauen. Gehört dieser vielleicht zu einem Unternehmen, das mir unterstützenswert oder im Gegenteil nicht unterstützenswert erscheint? Was macht mein Stromanbieter für meine Region? Hier kommen wie immer wieder die eigenen Werte ins Spiel. Vielleicht stellt sich dabei ja heraus, dass lieber das heimische Stadtwerk unterstützt wird. Oder doch der dunkelgrüne Stromanbieter, welcher an vorderster Front mitmischt. Oder eine Bürgerinitiative, die noch ganz andere Möglichkeiten erschließt.