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Michael Kopatz: Ökoroutine. Damit wir tun, was wir für richtig halten

Bereits in meinem Beitrag “Misch dich ein! Ein Appell für mehr Engagement” habe ich Michael Kopatz und sein Werk “Ökoroutine” erwähnt und zitiert. Ein sehr lesenswertes Buch! “Ein Ideenbuch zur Erlösung des Konsumenten” steht auf dem Cover. Und das ist es auch. Für alle möglichen Lebensbereiche, über Essen hin zu Wohnen, Arbeit und Mobilität, stellt Michael Kopatz dar, wie verquer es derzeit läuft und wie durch entsprechende politische Rahmenbedingungen Öko zur Routine wird.

Denn so viel ist klar:

Keine*r will die Flut an Plastikmüll.

Keine*r will Tierleid.

Keine*r will, dass unsere Zukunft und die unserer Kinder gefährdet wird.

Und doch fällt es uns extrem schwer, die “korrekte” Alternative zu wählen, so sie uns überhaupt zur Verfügung steht.

In vielen Gesprächen mit Freund*innen und Bekannten habe ich den Wunsch herausgehört, dass sie gerne nachhaltiger leben möchten, es sich in ihrem Alltag jedoch nur mühsam realisieren lässt. Zum Beispiel, wenn kein Bioladen oder Unverpacktladen in der Nähe ist und man auf das Angebot im nächsten Supermarkt angewiesen ist. Das finde ich mehr als verständlich. Michael Kopatz auch. Deshalb setzt er weiter oben an, nämlich bei der Politik, und liefert praktische Gedankenimpulse.

Heute möchte ich dir drei Ideen daraus vorstellen, die mir im Kopf geblieben sind. Natürlich ist das nur eine winzige Auswahl, denn das Buch ist voller grandioser Vorschläge.

Los geht’s!

Ökoroutine: Mehrweg als Standard und Standardisierung bei Mehrweg

Ich liebe ja Veggie-Aufstrich. Hmmm. Rote-Beete-Apfel-Meerettich und wie sie alle heißen. Da gibt es ja in vielen Supermärkten mittlerweile ein riesiges Angebot. Das Ganze hat nur ein Manko: Fix aufgegessen, sind die kleinen Gläschen nur noch fürs Altglas gut, da es sich nicht um Mehrwegbehälter handelt. Das war mir schon länger ein Dorn im Auge und für manch eine*n ist das auch der Grund, diese gar nicht erst zu kaufen.

Daher leuchtete mir diese Idee sofort ein: Das Mehrwegsystem sollte Standard sein. Und die Mehrwegbehälter standardisiert. Dies ist nicht nur für Flaschen denkbar, sondern auch für Konservengläser, Kaffee-to-go-Becher etc.

Das existierende Pfandsystem für Dosen und Flaschen ist ein Anfang. Das Ganze hat jedoch mehrere Haken:

  • Es ist schwer ersichtlich, ob es sich um Einweg- oder Mehrweg handelt, schließlich wird für beides Pfand genommen und “recycelt”. Nur, dass Einweg direkt gepresst wird und die Mehrwegflaschen gereinigt und wiederverwendet werden.
  • Viele Unternehmen haben ihr spezifisches Flaschendesign, sodass die Flaschen auch zu diesen Unternehmen zurück geliefert werden müssen. Sie können von keinem anderen Unternehmen genutzt werden.
  • Es ist nicht verbindlich.
  • Es betrifft nur Getränkeflaschen.
  • Getränkekartons sind gar nicht berücksichtigt.

Du bist verunsichert, ob Mehrweg tatsächlich besser für die Umwelt ist? Und lieber Glas oder Plastik? Die Deutsche Umwelthilfe hat dazu ein umfangreiches FAQ erstellt.

Ökoroutine: Tempo 30 innerorts als Standard

Ein extrem polarisierendes Thema: die Beschränkung des Autoverkehrs zugunsten des Klimas, der Gesundheit, der Sicherheit. Schnelles Autofahren wird in Deutschland fast als Grundrecht verstanden. Was zu schnelles Autofahren jedoch verursacht, ist eine Einschränkung des Rechtes auf körperliche Unversehrtheit – das steht tatsächlich im Grundgesetz.

In Deutschland schütteln viele den Kopf, wenn vom Waffenbesitz in den USA die Rede ist.

Genauso absurd erscheint den Amerikanern die Raserei auf unseren Autobahnen.

Michael Kopatz, Ökoroutine S. 214

Das Tempolimit auf deutschen Autobahnen wird ab und zu andiskutiert, für mich ist jedoch eine andere Idee spannend: Nämlich die, dass ein Tempo-30-Limit innerorts durch Kommunen selbst entschieden werden kann. Der Twist ist hierbei die Entscheidungsbefugnis, denn diese ist derzeit für Kommunen eher schwer. Das Verfahren zur Einrichtung einer Tempo 30 Zone ist langwierig und betrifft viele Akteure. Besser wäre es, diese Logik umzudrehen: Tempo 30 als Standard innerorts, und Bereiche in denen Tempo 50 gefahren werden darf sind separat zu beschließen. Argumente dafür sind:

  • Geringerer Treibstoffverbrauch
  • Geringere Emissionen
  • Weniger Lärm (bis Tempo 30 dominiert das Rollgeräusch, nicht das Motorgeräusch)
  • Geringere Unfallgefahr, kürzerer Bremsweg

Kurz: eine sicherere, sauberere, lebenswertere Stadt oder Gemeinde.

Meiner Meinung nach leider, lehnt das Bundesverkehrsministerium diesen Vorschlag ab, obwohl sich viele Stimmen dafür aussprechen. Wie das Umweltbundesamt oder die WHO.

Wenn du das Tempo-30-Limit innerorts auch fördern möchtest, so kannst du dies über die Initiative “Tempo 30 für mehr Leben” vom Verkehrsclub Deutschland tun. Mehr Infos findest du hier.

Ökoroutine: 30-Stunden-Woche als Standard

Für eine ausgewogenere Balance zwischen Arbeit und Freizeit spricht nicht nur die Abkehr vom Wachstumsdogma. Kürzere Arbeitszeiten entschärfen das Problem der Arbeitslosigkeit und den Konflikt zwischen Arbeit und Umwelt.

Michael Kopatz, Ökoroutine S. 239

Kopatz propagiert die 30-Stunden-Woche als “Kurze Vollzeit”. Die Argumente sind vielfältig und überzeugend:

  • Arbeitsplatz schlägt Umwelt – den Eindruck habe nicht nur ich. Sobald das Argument fällt “Das schafft aber Arbeitsplätze”, werden auf einmal viele Bedenken über Bord geworfen. Ja keine Arbeitslosigkeit! Die kurze Vollzeit verteilt die vorhandene Arbeit auf mehr Menschen und reduziert das Problem der Arbeitslosigkeit.
  • Sie hilft auch aus dem Wachstumszwang. Zu beobachten sind gegenläufige Phänomene: Technologisierung und Globalisierung verringern die Arbeitsplätze. Die Anzahl der Menschen, welche arbeiten wollen, nimmt hingegen seit Jahren zu. Wenn alle Vollzeit arbeiten wollen, muss die Produktivität steigen, um Arbeitsplätze zu erhalten, sprich: Wirtschaftswachstum ist nötig. Die kurze Vollzeit reduziert den Zwang, zu wachsen.
  • Mit dem Wohlstand wächst der Energieverbrauch, CO2-Ausstoß und der Konsum. Kopatz schlägt vor, auf 30 Stunden zu reduzieren ohne vollen Lohnausgleich, das heißt auch der Lohn sinkt. Demzufolge sinken auch die negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Dafür ist mehr Zeit für die schönen und einfachen Dinge im Leben: frisch kochen, mit dem Rad fahren, sich ehrenamtlich betätigen.

Dabei räumt Kopatz mit den gängigsten Vorurteilen gegenüber einer verbreiteten Teilzeit auf und macht Vorschläge, damit sich Teilzeit mehr in der Gesellschaft durchsetzt und auch durchsetzen kann. Denn neben einem Umdenken ist es teilweise auch nötig, die Rahmenbedingungen anzupassen. So gibt es sehr viele Berufe, in denen schon mit Vollzeit kaum über die Runden zu kommen ist. Hier wurde mit der Einführung des Mindestlohns bereits der Standard gehoben.

30 Stunden findest du bereits radikal? Im Jahr 1930 hat der Mathematiker und Ökonom John Maynard Keynes konstatiert, dass im Jahr 2030 nur noch eine 15-Stunden-Woche nötig wäre. Quasi als Resultat des Kapitalismus: Wir wären dann alle so reich, dass 15 Stunden Arbeit pro Woche ausreichen. Na, wie klingt das? Und noch viel spannender: Was würdest du mit der ganzen freien Zeit anstellen? Mir fällt da so einiges ein. Ich würde mehr in der Natur spazieren, frisch kochen, Zeit mit den Liebsten verbringen, in Ruhe lesen, malen, Yoga machen, mich weiterbilden… Also, langweilig wäre mir nicht!

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