Bestimmt ist es dir bereits beim Buchen eines Flugs oder eines Zugtickets aufgefallen: Immer öfter hat man die Möglichkeit, am Ende eines Kaufs ein kleines Häkchen für CO2-Neutralität zu klicken. Gegen einen kleinen Obulus versteht sich. Was hat es damit auf sich, CO2 zu kompensieren? Was heißt das überhaupt und wie geht das? Darüber habe ich mir nach meinem Beitrag über meine CO2-Bilanz Gedanken gemacht.
Freiwillig CO2 kompensieren
Hierbei spricht man vom Sektor der freiwilligen CO2-Kompensation. Diese bieten diverse Firmen auch und gerade für Privatpersonen an, beispielsweise atmosfair. Kompensiert wird in dem Sinne, dass durch eine Spende Projekte realisiert werden, welche wiederum zu CO2-Einsparungen führen. Dabei handelt es sich oftmals um Projekte im Bereich erneuerbare oder effizientere Energien oder Aufforstung von Wald, zumeist in Entwicklungsländern. Wichtig ist dabei, dass diese Projekte nur aufgrund der Spende durchgeführt werden. Das heißt sie sind zusätzlich, damit sie auch zusätzlich CO2 einsparen. Außerdem ist Doppelzählung zu vermeiden. Damit ist gemeint, dass Länder wie Deutschland im Rahmen des Kyoto-Protokolls verpflichtet sind, CO2-Einsparungen vorzunehmen. Sie können sich z.B. ihre Waldflächen anrechnen lassen. Weitere Aufforstung könnte dann dazu führen, dass hier doppelt gezählt wird. Dann wird eine Tonne CO2 für Deutschland und für die Privatperson angerechnet. Das ergäbe natürlich keinen Sinn.
Standards
Um zu erkennen ob ein Kompensationsprojekt etwas taugt oder nicht, gibt es diverse Standards. Zunächst einmal ist zwischen zertifiziert oder verifiziert zu unterscheiden. Im Rahmen des Kyoto-Protokolls haben sich die Industrienationen dazu verpflichtet, gewisse Treibhausgase wie CO2 zu reduzieren. Ein Mechanismus dafür ist der Clean Development Mechanism (CDM). Im Rahmen des CDMs werden Projekte durchgefürt, welche in Entwicklungsländern zu CO2-Reduktionen führen. Nach Abschluss der Projekte werden Zertifikate ausgestellt, sogenannte Certified Emisssion Reductions (CER). CERs sind auch im Europäischen Emissionsmarkt handelbar.
Es gibt jedoch sehr viele Klimaschutzprojekte, welche nicht im CDM registriert sind. Für diese haben sich diverse andere Standards entwickelt. Dann spricht man nicht von Certified Emission Reductions, sondern von Verified Emission Reductions (VER). VERs sind nur im Rahmen einer freiwilligen Kompensation handelbar. Der meistgenannte Standard hier ist der Gold Standard. Der WWF und weitere NGOs entwickelten diesen Standard. Dabei handelt es sich um Projekte, die nachweislich zur Reduktion von Treibhausgasen führen, gleichzeitig die lokale Umwelt und sozialen Belange der Bevölkerung berücksichtigen.
So funktioniert’s
Die Kompensationsfirma finanziert also Klimaschutzprojekte, lässt diese dann von einem unabhängigen Prüfer prüfen, z.B. im Rahmen des CDM oder Gold Standards. Dieser bescheinigt dann die reduzierte Menge an CO2 und es wird ein Emissionszertifikat an den Projektbetreiber ausgestellt.
Das Ganze funktioniert dann so, dass du zunächst mithilfe eines CO2-Rechners bestimmst, in welcher Höhe du kompensieren willst. Das kann ein Flug sein, oder dein Jahresverbrauch, was auch immer dir am Herzen liegt. Die Anbieter haben oft selbst einen CO2-Rechner, sehr gut und wissenschaftlich fundiert ist der CO2-Rechner vom Umweltbundesamt den ich bereits mehrfach erwähnt habe. Anschließend zahlst du den berechneten Betrag und kaufst damit quasi Emissionszertifikate bzw. veranlasst, dass diese gelöscht werden.
Anbieter zum CO2 kompensieren
Soweit so gut! Stiftung Warentest hat sich einige Anbieter 2018 genauer angeschaut und dabei drei mit “Sehr gut” ausgezeichnet, nämlich atomasfair, PrimaKlima und Klima Kollekte. Atmosfair und Klima Kollekte investieren in Projekte im Bereich erneuerbare oder effizientere Energie, bei atmosfair beispielsweise in Form von effizienteren Kochöfen in Ruanda, welche 80% weniger Brennstoff benötigen und somit Klima und Gesundheit sowie Haushaltskasse der Bewohner schont. Klima Kollekte ist der CO2-Kompensationsfond der christlichen Kirchen und unterstützt Klimaschutzprojekte kirchlicher Organisationen oder deren Partner. Bei beiden Organisationen kostet eine Tonne CO2-Äq derzeit 23€. PrimaKlima hingegen hat sich ganz der Aufforstung von Wald verschrieben und verkauft die Tonne CO2-Äq für 15€.
Waldaufforstungen als CO2 Kompensation werden oft kritisch gesehen, da, sobald das Holz gefällt und eventuell als Brennstoff genutzt wird, das CO2 wieder freigegeben wird. Außerdem gibt es Unternehmen, welche Ex ante-Zertifikate verkaufen, d.h. das CO2 wird erst in der Zukunft von einem entstehenden Wald eingebunden. Das ist natürlich unsicher – in der Zeit kann viel mit dem Wald passieren, die jungen Bäumchen könnten vielleicht durch Feuer, Sturm oder zu viel Wasser eingehen. PrimaKlima handelt dagegen nur mit Ex post-Zertifikaten, d.h. das CO2 ist bereits in Bäumen eingebunden.
Kritik
Kritik am CO2 kompensieren ist naheliegend, nämlich dass es dazu verleitet, sich für vergleichsweise wenig Geld ein gutes Gewissen zu kaufen. Die als sehr gut bewerteten Kompensationsunternehmen hingegen machen alle deutlich, dass es so nicht laufen soll. In erster Linie gilt es CO2 zu reduzieren, und nur nicht weiter reduzierbare Emissionen sollten kompensiert werden. Denn Fakt ist: Die Einsparungen, welche im globalen Süden möglich sind, reichen lange nicht, um die Emissionen im globalen Norden auszugleichen. Im globalen Norden, also in den reichen Industrienationen, muss der CO2-Ausstoß schlichtweg massiv eingespart werden, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen.
Mein Fazit: Ich finde die Firmen welche anbieten, freiwillig CO2 zu kompensieren, sehr sympathisch und unterstützenswert. Insbesondere atmosfair. Die Projekte tragen vor allem in Entwicklungsländern nicht nur zu einer Reduzierung von CO2, sondern auch zu einer Besserung des Lebens der Bewohner bei. Durch den Erlös von CO2-Zertifikaten ist es beispielsweise möglich, effizientere Kochöfen auch für die ärmste Bevölkerung erschwinglich zu machen. Spannend bleibt, wie sich der freiwillige Kompensationshandel ab 2021 entwickelt, wenn das Kyoto Protokoll durch das Pariser Abkommen abgelöst wird. Du willst noch mehr erfahren? Das Umweltbundesamt hat eine umfassende Informationsbrochüre erstellt, diese findest du hier.
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Ein Gedanke zu „CO2 kompensieren?“